Montag, 2. Januar 2012

Weihnachten und Neujahr in Bolivien

„Die Geburt Jesu in Bethlehem ist keine einmalige Geschichte, sondern ein Geschenk, das immer bleibt“ (M. Luther), ein Geschenk auf dem wir uns freuen und gleichzeitig feiern dürfen! Ja, wir freuen uns auf und feiern die Liebe Gottes. Das ist es (die uns geschenkte Liebe Gottes) was Weihnachten ausmacht – die Essenz, die hinter dem weihnachtlichen Duft steckt. 


An sich können Weihnachten in noch schöneren und tiefsinnigeren Wörter definiert und mit einem hochtheologischen Wortschatz umrahmt werden, wenn aber das Äußere (die Natur, die Umgebung) dies in uns nicht verinnerlicht, dann bleiben die Wörter klanglos. Dies habe ich empfunden als ich Weihnachten bei 34º Hitze feiern dürfte. Es fing schon mit dem Advent an, die Zeit, in der jeder sich auf das kommende Fest vorbereiten soll. An dem ersten Adventssonntag ging ich mit dem älteren Pater (Bernardo) zum Gottesdienst in einer Kapelle und war überrascht als ich den Adventskranz auf dem Altar sah… „Seltsam (dachte ich mir), dass der Advent schon da ist und ich Garnichts davon gespürt habe.“ 

Den kommenden Tagen/Wochen habe ich zwar fleißig bei den Vorbereitungen geholfen, war immer irgendwie dem Weihnachtsgefühl fremd. Und so blieb es leider die ganze Zeit, auch wenn der Adventskranz an den Sonntagen mich daran immer Aufmerksam gemacht hat. Ja, ich habe sogar in der letzten Adventswoche Plätzchen (meine ersten Zimtsternchen und Kokosmakronen) gebacken, damit ich zumindest den Weihnachtsgeschmack spüre – hoffnungslos! 

 
Am 24. haben wir (die Patres und ich) zusammen mit 3 Ordensschwestern und eine MaZ-lerin gemeinsam bei uns das Mittagessen genossen. Es gab slowakische, polnische und deutsche (meine Plätzchen) Spezialitäten. Es war eine sehr angenehme und freudevolle Mahlzeit. Nach dem reichen Mahl habe ich einen Augenblick Siesta gehalten und danach fing es mit den letzten Vorbereitungen an (wobei ich zwischen der Pfarrei und eine unsere Filiale rumspringen durfte). Es war eine sehr angespannte Zeit und als ich nach dem Gottesdienst um 20:00 Uhr heimkam (gegen 22:00 Uhr), musste feststellen, dass meine Weihnachten eigentlich traurig waren. Ich konnte das Fest immer noch nicht wahrnehmen und meine Seele war irgendwo vereist, in der Hoffnung zu dem Abendmahl meiner Familie anzukommen. Es waren die ersten Weihnachten, wo ich nicht das traditionelle Abendbrot (vor dem Gottesdienst am 24.) mit meinen Eltern und meinem Bruder genießen konnte. Es waren die ersten Weihnachten, die für mich kein Familienfest waren. In dem Augenblick musste ich an die vielen Menschen, die verlassen und einsam sind, denken und mit ihnen den Blick gen Himmel richten und fragen, wo die Chöre der Engeln seien? Das einzige was mir in diesen Tagen etwas von dem Weihnachten spüren ließ, war das Gespräch mit einer „catequista“ unserer Pfarrei, als wir dann am Sonntag zusammen gegessen haben.
Weihnachten so zu feiern, war an sich eine hilfsreiche Erfahrung, die mich darauf Aufmerksam gemacht hat, das Fest ernsthafter zu nehmen und mich nicht so leicht von dem Äußeren in der Feierlichkeit hineinziehen zu lassen, im Sinne von „mit dem Strom schwimmen“. Es muss die innere Bereitschaft vorhanden sein, damit dieses Geschenk Gottes wirklich wahrgenommen wird.  Und diese innere Bereitschaft muss in der Adventszeit erworben werden, durch Augenblicke der Stille und Besinnung. Ohne diese Bereitschaft wirst du einer von den vielen von uns verlassenen sein, die gen Himmel schauen und die singenden Engeln suchen, wobei das kleine Kindlein mit seiner Krippe vor uns liegt und uns liebevoll anschaut, wartend dass wir Ihn wahrnehmen. 

„O wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück! Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück.“( Friedrich Rückert) Das Neujahr außerhalb der Familie zu feiern war für mich nichts Neues, da ich in den letzten 6 Jahren Silvester immer mit Freunde und manchmal auch Unbekannte weit weg von Zuhause gefeiert habe.
Silvester heißt für mich erstmal Abends den Gottesdienst besuchen, Gott für das alte Jahr danken und das neue unter seinem Segen empfangen, und danach die letzte und erste Party feiern mit Tanzen, Essen und Freudigkeit :D Selbstverständlich ist dann am nächsten Tag (auch wenn etwas hart) den Gottesdienst zu besuchen. Etwas Unangenehmes war es dieses Jahr, die Unsicherheit was die Feierlichkeit an sich angeht. Ich wusste bis Freitagabend immer noch nicht, wo ich am Samstagabend feiern werde. Dann ein Wunder: der Ort und die Party wurden um 23:00 Uhr bestätigt und konnte herzensfroh schlaffen gehen. Die ganze Freude verging mir, als ich um 14:00 Uhr Samstag nachmittags ein Telefonat bekommen habe und erfahren musste, dass die Party annulliert wurde, weil die Organisatoren keine Lust mehr hatten. Manchmal habe ich das Gefühl, dass dies in Bolivien etwas Allgemeines ist, das man nicht so richtig sicher sein kann, ob eine Veranstaltung richtig auch stattfinden wird. Auf jeden Fall musste danach viel rumtelefoniert bis ich eine neue Party gefunden habe – es war die Feier einer Bekannte, in dem Haus ihrer Großeltern, mit etwa 40 Gäste. Hier habe ich Silvester gefeiert mit vielem Tanz und „churasco“ (gegrilltes Fleisch vom Rind, Schwein usw.), sodass ich sehr früh heimgekommen bin und auch fast gleich mit dem Pater Bernardo um 8:00 Uhr zum Gottesdienst gefahren bin. 

Zum Mittagessen waren wir eingeladen zu den Schwestern und danach war ich mit einigen Jugendlichen zu Besuch in einem Heim für Geistig- und Körperlichbehinderte Menschen. In diesem Zentrum möchte ich ein Freiwilligendienst mit einigen Jugendlichen anfangen, in dem wir einmal in der Woche hingehen und mithelfen bei der Betreuung unseren Brüdern und Schwestern. Ich hoffe nur, dass ich zumindest einige Jugendliche dafür gewinnen werde.  

 
 Dann hier würde ich erstmal Punkt setzen und allen LeserInnen ein Jahr voller Hoffnung, Friede und Liebe wünschen; das Ganze unter dem Segen Gottes!

Saludos y abrazos desde Santa Cruz de la Sierra,
Janko